Diese neue Wasseraufbereitungsanlage befindet sich im nördlichen Teil der venezianischen Lagune, südöstlich der Insel Sant’Erasmo. Sie ist im Zuge einer gerellen Erneuerung der örtlichen Infrastruktur in Auftrag gegeben worden. Die Architekten reagieren mit ihrer schlichten aber eindringlichen Architektursprache auf die Fragilität der Insel. Von den Gezeiten geprägt, ist das Land hier kontinuierlichen Veränderungen ausgesetzt.
Geprägt ist das gebiet von den Feldern und Kanälen, die das für den Artischockenanbau genutzte Land in Parzellen zergliedern. Die geometrische Struktur des Landes wird in dem neuen Gebäude reflektiert. Es bildet sozusagen eine bauliche Markierung oder Betonung der gegliederten Fläche im strengen Aufriss der Anlage. Diese besteht aus vier ein Meter dicken parallelen Wänden und den von ihnen erzeugten Zwischenräumen. Die rauhe Oberfläche des rot eingefärbten Betons weckt Erinnerungen an die Ruinen ehemaliger Bunkeranlagen, die mit der Zeit von der Landschaft vereinnahmt worden sind. So konstatiert diese neue Anlage auch den Wunsch, eins zu werden mit ihrer Umgebung. Die Reflexion des Lichts in der rauhen Oberfläche gibt der gesamten Anlage eine Verbundheit zur schroffen Landschaft. Die Zwischenräume nehmen die eigentlichen Installationen auf, während die Geometrie der Baukörper die Konturen der Umgebung akzentuiert. Der Raum erklärt sich selbst, als ein abgegrenzer Teil der Landschaft, der durch die Panele leicht geöffnet werden kann.
Die Architekten C+S Associati aus Treviso haben mit ihrer Wasseraufbeitetungsanlage in der venezianischen Lagune nicht nur den Mies-van-der-Rohe-Preis 2009 erhalten, sondern vor allem ein eindrucksvolles Zeugnis abgelegt, dass Architektur immer möglich ist. Angesichts der unscheinbaren Aufgabe, einen reinen Zweckbau zu errichten, haben sie ein Landart-Gebäude errichtet. Mit einfachen Mitteln, der guten Wahl der Materialien und spannenden Proportionen ist es ihnen gelungen, das Potenzial der Architektur für eine scheibar schnöde Aufgabe zu nutzen. Keine Aufgabe, sei sie noch so nüchtern, der Ort noch so beliebig, kann langweilig genug sein, um nicht mit den Mitteln der Architektur in einen Ort der Identität und der Poesie verwandelt zu werden, kurz, in einen Ort, der auch kulturell Sinn macht, anstatt nur funktional oder monetär. Architektur ist eine Frage der Haltung, der Haltung der Bauherren, der Architekten und der Handwerker. Sie ensteht immer dann, wenn man bereit ist, sich auf ihr Potenzial einzulassen. Wo dies nicht der Fall ist, kann auch keine Architektur entstehen.