
Am 24. Oktober 2012 war es soweit, das auf Louis Kahns Entwurf zurückgehende Franklin-Delano-Roosevelt-Memorial wurde für die Öffentlichkeit geöffnet. Die Entwürfe waren in den Jahren 1973 und 1974 entstanden, wegen des Todes des Architekten und zahlreicher anderer missgünstiger Umstände jedoch bis heute nicht umgesetzt worden. Jetzt, fast vierzig Jahre später, prangt das steinerne Zeugnis aus tonnenschweren Granitblöcken an der Spitze von Roosevelt Island in New York. Mit millimetrischer Präzision bilden gewaltige Granitblöcke einen auratischen Raum, hinter dessen Wänden die Skyline der Megacity zur Nebensache degradiert, stattdessen der Blick frei wird auf den Fluss, die Brücken, den Himmel. An diesem Ort des Gedenkens, des Gedenkens an Roosevelts wegweisender Rede über die Freiheit am Vorabend des amerikanischen Kriegseintritts im Jahre 1941. Die Freiheit der Rede und der Meinungsäußerung, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, die Bewahrung vor Not und die Befreiung von Furcht als Grundlagen einer dauerhaften demokratischen Ordnung sind hier wie damals verewigt. In einem spitz zulaufenden Park wird der Besucher durch baumgesäumte Alleen geführt und dem Trubel der Stadt entzogen.
Kahn inszenierte den Park als kontemplativen Weg hin zu dem einen Ziel, das sich in einem offenen Raum mit der Natur zu einem einzigen Erlebnis verschmilzt. Auf der einen Seite eine Monumentalität, die in der Harmonie der Proportionen und Einfachheit der Materialwahl, der Symmetrie der Anlage und dem rigiden Direktionismus ihrer Geometrie gegen die schiere Massigkeit der Wolkenkratzer besteht und auf der anderen Seite, die Architektur der Stille, des Insichgehens, der Kahn bei so vielen Gelegenheiten Ausdruck verliehen hat. Der aus seinem Dornröschenschlaf erwachte Entwurf und das wie im Märchen nun glücklich zuende geführte Projekt sind uns heute eine Lehre über die Größe der Einfachheit, die Würde des Gedenkens und die Relation von Natur und Architektur. Einer Architektur, die das eigene Selbst erweitert und einer Natur, die im Garten eines Parks zu einer ganz und gar persönlichen Natur verdichtet wird.