Valser Gemeinderat tritt geschlossen zurück
Wenige Tage vor dem Showdown in der beschaulichen Bündner Gemeinde hat der komplette Gemeinderat verkündet, nicht mehr zur Wahl zu stehen. Dies kommt einem faktischen Rücktritt noch in diesem Jahr gleich. Die Entscheidung um den Verkauf des prestigeträchtigen Thermalbades nebst Hotelanlage wird für die kleine Gemeinde zum ‚Jahrhundertentscheid‘. Ihre Bürger sind am 9. März aufgerufen, über die beiden Angebote (IG Zumthor vs. Truffer/Stoffel) abzustimmen. Beide Parteien haben Hotelneubauten, Umbauten, Zubauten und Modernisierungen im Wert von 50 Mio. Franken auf den Tisch gelegt. Der seit Jahren schwelende Streit hat die 1000-Seelen-Gemeinde in den Bündner Alpen entzweit. Seit Wochen wird von den beiden Parteien für das Vertrauen in ihre Konzepte geworben, ohne jedoch einen eindeutigen Ausschlag in der Bevölkerung zu erringen. Vielmehr hat sich eine gedrückte Stimmung über das Tal gelegt. Viele wagen es nicht mehr, offen über ihre Ansichten zu dem Thema zu sprechen. Entschiedener war bisher der von Margrit Walker-Tönz präsidierte Gemeinderat. Dieser hatte sich im Januar für das Angebot der IG Zumthor ausgesprochen. Dass die sieben Mitglieder des Gremiums jetzt geschlossen zurücktreten werden, wirft ein fahles Licht auf die ganze Angelegenheit um die weltberühmte Therme. Trotz der versuchten Erklärungen mag sich der Eindruck eines erhöhten Drucks auf die Gemeinderatsmitglieder, so kurz vor der Abstimmung, nicht zu lösen. Offenbar hat sich die Lage derart zugespitzt, dass die Gemeinderatsmitglieder der Verantwortung sprichwörtlich ‚davonlaufen‘, so zumindest Pius Truffer in einem Interview. Während Zumthor für architektonische Qualität bürge, erwarte man von der sogenannten Valser Gruppe um den Investor Remo Stoffel ein nachhaltigeres Interesse am Wohl der Gemeinde, zumal dieser aus der Gegend stamme. Dessen ungeachtet war eine von der Gemeinde beauftragte Consulting-Firma zu dem Schluss gekommen, dass keines der beiden Angebote objektiv zu bevorzugen sei. So gewendet wird es schwer für die Bürger und Bürgerinnen, am kommenden Freitag eine Entscheidung zu treffen. Für das kleine Dorf deutet sich jedenfalls ein Stuttgart-21-Dilemma en miniature an.