12.III.2013 | Papstwahl, Konzil und Katholische Kirche
Die Papstwahl lenkt für kurze Zeit die Aufmerksamkeit auf ein widersprüchliches Papsttum, das inzwischen mit ausgeprägtem medialem Geschick und Sinn für Pathos die Karenz der eigentlichen Anliegen von Kirche verschleiert. Aus der von der Säkularisation forcierten Zerstörung jahrhundertealter pluralistischer Strukturen in der katholischen Kirche ist ein Papsttum erwachsen, das im zentralistischen Autoritarismus sein Heil sucht. Dass Kirche aber vor allem durch den mühsamen Dienst in den Gemeinden, in Caritas und Schule, dazu im theologischen, ökumenischen und kulturellen Dialog wirkt, wird dabei ebenso verkannt, wie die von Kardinal Martini angemahnte Notwendigkeit eines christlichen Relativismus. Bei aller berechtigten Kritik Ratzingers und Wojtylas am allgemeinen Relativismus braucht es doch einen Papst, der aus einer positiven Beziehung zur Moderne heraus, die ursprünglichen Prinzipien einer kollegialen, auf Gleichheit aller Getauften beruhenden, den Dialog suchenden Kirche wiederbelebt.
„Durch neue Dogmen und Verschärfungen der Disziplin werden die Gläubigen nicht heiliger werden und ihre Anzahl wird sich bedeutend mindern.“ Friedrich Kardinal Fürst Schwarzenberg, 1869.
Die Verwirklichung der im Zweiten Vatikanischen Konzil verankerten repräsentativen Organisation des Episkopats ist der Ausgangspunkt, um aus der Zwickmühle des päpstlichen Zentralismus auszubrechen und die Kirche für die lange überfälligen Reformen zu öffnen. Freilich geht es nicht darum, eine zeitgeistlich schicke Kirche zu kreieren, sondern vielmehr um eine Rückbesinnung auf universale christliche Werte und die daraus abgeleitete Praxis. Der päpstliche Rigorismus ist dabei eines der größten Hindernisse, für deren Überwindung die Kirche mit dem letzten Konzil aber bereits geeignete Mittel herausgestellt hat. Nur die ebenso entschiedene wie leider utopische Entrümpelung der Kurie kann im Zusammenspiel einer Neukonstituierung kirchlicher Strukturen und Handlungsräume die Voraussetzungen schaffen, um die allen bekannten, drängenden Themen der katholischen Kirche zu bewältigen. Dass die Kirche in einer von verbindlichen Werten zunehmend befreiten individualistisch-hedonistischen Welt als Pol gebraucht wird, steht außer Frage, doch muss sie, vor allem in ihren höchsten Zirkeln, lernen die Sprache dieser Welt zu sprechen, – um sie zu verstehen, anstatt sich, wie Alberto Melloni bemerkt hat, mit allzu vielen und zuweilen absurden Regeln und Verboten wie eine Stiefmutter zu gebaren, die nicht verzeihen kann.